Tax-Partner Stauske, Bolik und Nonnenmacher sehen IT-Systeme überfordert – Steuerquoten können verzerrt werden, bei Mindeststeuer droht Safe-Harbour-Verlust.
Die schrittweise Körperschaftsteuersenkung von 15 auf 10 Prozent zwischen 2028 und 2032 schafft bereits jetzt erheblichen Mehraufwand, stellen die EY-Steuerexperten Eva Stauske (Partnerin Tax), Dr. Andreas Bolik (Partner, National Office Tax) und Roland Nonnenmacher (Director Tax) fest. Seit der Bundesrats-Zustimmung am 11. Juli 2025 müssen alle Abschlüsse – unabhängig vom späteren Inkrafttreten am 19. Juli – die Gesetzesänderung berücksichtigen. Die zentrale Herausforderung nach EY-Analyse: Bilanzierer müssen für jede einzelne Steuerlatenz künftig mit bis zu sechs verschiedenen Steuersätzen arbeiten – dem aktuellen Satz plus den fünf Senkungsschritten. Die EY-Partner sprechen von einer "international beispiellosen Steuerinnovation".
EY erläutert die Mechanik: Latente Steuern entstehen durch temporäre Differenzen zwischen Handels- und Steuerbilanz – etwa bei Drohverlustrückstellungen oder abweichenden Abschreibungsregeln. Für die korrekte Abbildung muss der Bilanzierende den Steuersatz des Jahres verwenden, in dem sich die Differenz auflöst. EY-Rechenbeispiel: Passive latente Steuern von 120.000 Euro auf 400.000 Euro temporäre Differenzen aus 2023, deren Auflösung für 2029 erwartet wird, basierten auf 30 Prozent Gesamtsteuerbelastung. Mit dem neuen Steuersatz für 2029 von circa 28 Prozent ergibt sich nur noch eine Belastung von 112.000 Euro – die notwendige Umbewertung führt zu einem latenten Steuerertrag von 8.000 Euro.
In bestimmten Situationen kann die Umbewertung die Steuerquote erheblich beeinflussen, warnen die EY-Experten. Beispiel: Ein Unternehmen erwirtschaftete 2024 einen Gewinn von 100.000 Euro und zahlte 30.000 Euro Steuern (Quote: 30 Prozent). 2025 sinkt der Gewinn auf 50.000 Euro, die Steuerzahlung beträgt 15.000 Euro. Gleichzeitig entsteht durch die KSt-Senkung ein latenter Steuerertrag von 8.000 Euro aus der Umbewertung – im Ergebnis sinkt der Steueraufwand auf 7.000 Euro und die Quote auf 14 Prozent.
EY identifiziert ein kritisches Szenario: Falls bei Mindeststeuer-pflichtigen Unternehmen ein latenter Steuerertrag die vereinfachte effektive Steuerquote unter 15 Prozent (2025: 16 Prozent) für die CbCR-Safe-Harbour-Regelung drückt, geht der Safe Harbour verloren – die aufwendige Vollberechnung der Mindeststeuer wird dann erforderlich.
Viele IT-Systeme im Rechnungswesen sind mit der Berechnung von Steuerlatenzen auf Basis von sechs unterschiedlichen Steuersätzen überfordert, stellen die EY-Fachleute fest. Sie empfehlen die zeitnahe Implementierung geeigneter Lösungen, gegebenenfalls mit Beraterunterstützung. In Abstimmung mit dem Wirtschaftsprüfer könnten im Einzelfall auch Vereinfachungen der Ermittlung unter Wahrung des Wesentlichkeitsgrundsatzes akzeptabel sein. Trotz des erheblichen Aufwands betonen die EY-Experten: Für deutsche Kapitalgesellschaften bedeutet die Senkung mittelfristig ein endlich wieder wettbewerbsfähigeres Besteuerungsniveau.





