Einstiegsgehälter in der Anwaltschaft: Realität statt Spitzenillusionen

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October 9, 2025
09.10.2025
2 Minuten Lesezeit

Das Soldan Institut dokumentiert für Berufsanfänger in der Rechtsberatung eine mediane Jahresvergütung von rund 61.000 Euro. Schlagzeilen über sechsstellige Summen betreffen nur einen Bruchteil der Absolventen.

Empirische Befunde zur Vergütungsrealität

Matthias Kilian vom Institut für Anwaltsrecht analysierte Zulassungsjahrgänge 2015 bis 2021. Für den jüngsten Jahrgang 2021 zeigt sich: Nur sieben Prozent angestellter Berufseinsteiger überschritten 100.000 Euro Jahresbruttogehalt. Die Mehrheit von 46 Prozent verdiente zwischen 40.000 und 60.000 Euro. Zwölf Prozent lagen sogar darunter. Die Spannbreite ist bemerkenswert: Abhängig von Tätigkeitsfeld und Qualifikation können Berufsanfänger mit identischer Ausbildung um mehr als Faktor drei divergierende Vergütungen erzielen.

Vergleich mit anderen Akademikerberufen

Die mediane Vergütung von 60.834 Euro übertrifft den allgemeinen Akademiker-Durchschnitt von 45.000 bis 48.000 Euro um etwa ein Viertel. Medizinische und ingenieurwissenschaftliche Fachrichtungen offerieren jedoch teilweise attraktivere Konditionen. Die Dekade seit 2010 brachte Steigerungen um 37 Prozent - vom damaligen Mittelwert 44.518 Euro auf aktuelle Schätzungen um 68.000 Euro. Andere akademische Bereiche wuchsen im selben Zeitraum lediglich um 10 bis 15 Prozent.

Qualifikationsdeterminanten

Staatsprüfungsnoten dominieren weiterhin Vergütungshöhen: 43 Prozent der Assessoren mit Prädikatsexamen erreichten 2021 mindestens 80.000 Euro, verglichen mit zwölf Prozent bei "befriedigenden" Abschlüssen. Promotionen generierten bei sonst identischer Qualifikation Aufschläge von 40 Prozent. Eine positive Entwicklung: Geschlechtsspezifische Vergütungsunterschiede beim Karrierestart sind erstmals seit den 1980er Jahren nicht mehr messbar.

Perspektive für Professional Services

Die Diskrepanz zwischen medialer Darstellung und statistischer Realität betrifft auch Wirtschaftsprüfung und Steuerberatung. Personalverantwortliche sollten marktübliche Vergütungsbänder statt einzelner Ausreißer als Orientierung nutzen, um realistische Erwartungen zu setzen und wettbewerbsfähig zu bleiben.