Finma wehrt sich vor Bundesgericht gegen Rechtswidrigkeitsfeststellung der 16,5-Milliarden-Abschreibung – Distressed-Debt-Investoren profitieren von Kurssprung.
Nach der überraschenden Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom Dienstag mobilisiert die Finma ihre rechtlichen Ressourcen. Die Aufsichtsbehörde reichte am Mittwoch Berufung beim obersten Schweizer Gericht ein und attackiert damit die richterliche Feststellung, wonach die März-2023-Vernichtung von AT1-Anleihen über 16,5 Milliarden Franken gegen geltendes Recht verstoßen habe. Die Verteidigungslinie der Finma: Die Totalabschreibung war integraler Bestandteil eines komplexen Stabilisierungspakets, das staatliche Notmaßnahmen erforderte und die UBS-Fusion mit Credit Suisse ermöglichte. Ohne diese Intervention drohte Eskalation zur systemischen Krise.
Die Kontroverse entzündet sich an fundamentaler Verletzung etablierter Insolvenzprinzipien: Während Aktionäre – traditionell letzte in der Verwertungskette – noch 76 Rappen pro Anteil in UBS-Papieren erhielten, erlitten AT1-Investoren Totalverlust. Diese Umkehrung der konventionellen Rangordnung, bei der Fremdkapitalgeber vor Eigenkapitalgebern stehen, setzte die Finma durch ihren 19. März-Beschluss außer Kraft.
Die klagenden Gläubiger konstruierten ihre Verteidigungsstrategie um eine zentrale These: Credit Suisse kollabierte aufgrund von Vertrauensverlust und Liquiditätsabzug, nicht durch Eigenkapitaldefizienz. Folglich hätte die AT1-Vernichtung – deren Vertragsbedingungen explizit Kapitalbeschaffungsunfähigkeit als Trigger definieren – die Bank gar nicht retten können. Stattdessen optimierte die Maßnahme lediglich UBS-Übernahmekonditionen.
Das Bundesverwaltungsgericht validierte diese Argumentation und schockierte damit Marktbeobachter. Die Richterbegründung: Credit Suisse verfügte zum Abschreibungszeitpunkt über adäquate Kapitalausstattung. Noch gravierender: Die vom Bundesrat eigens konstruierte Notverordnung, die als Rechtsgrundlage für Finma-Handeln diente, verstoße mehrfach gegen Verfassungsprinzipien. Rückabwicklungsmodalitäten blieben ausgeklammert und werden einem separaten Verfahren zugewiesen. Experten prognostizieren selbst bei maximalem Erfolg keine Nominalwert-Restitution für Gläubiger. Bis finaler Abschluss aller Instanzen rechnen Fachleute mit vier bis sechs Jahren Verfahrensdauer.
Trotz ungewisser Restitutionsaussichten explodierten Sekundärmarktpreise für AT1-Forderungen. Spezialisierte Distressed-Debt-Investoren handeln diese Positionen außerbörslich. Bloomberg dokumentierte Kurssprung von 12 auf 22 Cent pro Dollar Nominalforderung unmittelbar nach Urteilsverkündung – eine Verdopplung innerhalb kürzester Zeit.