Grant Thornton verkauft Mehrheit an Cinven – Premiere am WP-Markt

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October 13, 2025
13.10.2025
3 Minuten Lesezeit

Cinven sichert sich die Mehrheit an Grant Thornton Deutschland und durchbricht das jahrzehntelange Partnerschafts-Monopol im WP-Markt – die Branche fürchtet um Unabhängigkeit.

Partnerschaft verkauft sich an Finanzinvestor

Die 90 Equity-Partner von Grant Thornton Deutschland beschlossen am Wochenende einstimmig, die Kapitalmehrheit an Cinven abzugeben. Mit 250 Millionen Euro Umsatz zählt die Gesellschaft zur Nummer zehn im nationalen Ranking. Deutschlandchefin Heike Wieland-Blöse verteidigt die Strategie: Transformation durch Digitalisierung und KI erfordere Ressourcen, die nur durch externes Kapital mobilisierbar seien. „Wir sind überzeugt, dass sich unsere Branche in den kommenden fünf bis zehn Jahren grundlegend verändern wird."

Luxemburger Vehikel umgeht deutsches Recht

Deutsche Rechtsnormen verbieten Nicht-Berufsträgern das Eigentum an Prüfungsgesellschaften. Cinven nutzt deshalb eine bereits erprobte Konstruktion: Gründung einer ausländischen Prüfungsgesellschaft – vermutlich in Luxemburg –, die dann die Mehrheit erwirbt. Die Eigentümerstruktur spaltet Kapital und Kontrolle: Cinven kontrolliert die Finanzen, die deutschen Partner behalten Stimmrechtsmehrheit. Transaktionsvollzug ist für Q1 2026 geplant.

Aufholjagd auf zehnfach größere Big Four

Grant Thornton fokussiert bislang auf gehobenen Mittelstand – nur ein DAX-Mandat (Porsche SE). Die Big Four liegen dimensional in anderer Liga: 2,5 bis 3 Milliarden Euro Umsatz, 95 Prozent aller DAX-Bilanzprüfungen.

„Wir wollen Marktanteile gewinnen und den Abstand zu den ‚Big Four' verringern, zugleich aber unsere mittelständisch geprägte Kultur erhalten. Der Fokus liegt auf organischem Wachstum und gezielten Übernahmen", erklärt Wieland-Blöse. Cinven kontrolliert bereits Grant Thornton Großbritannien. Beide Landesgesellschaften sollen künftig intensiver kooperieren. Die Düsseldorfer evaluierten seit Oktober 2024 auch Wettbewerbsfusionen und Bankfinanzierung, bevor sie sich für Cinven entschieden.

Unabhängigkeitsdebatte spaltet Branche

Branche und Politik debattieren kontrovers über Finanzinvestoren-Engagements. Das Finanzministerium legte im August Gesetzentwurf vor, der Beteiligungen bei Steuerberatungsgesellschaften erschweren soll. Wieland-Blöse weist Bedenken zurück: „An unserer Qualität und Unabhängigkeit als Wirtschaftsprüfer wird nicht gerüttelt." Die Wirtschaftsprüferordnung reguliere streng. „Die Verantwortung für jedes auftragsbezogene Geschäft wird allein bei unserer Partnerschaft liegen." Sie fordert Paradigmenwechsel: „Wir sollten uns in Deutschland durch Verbote nicht dauerhaft von den Chancen abschotten, die diese Partner für die Transformation unserer Branche bieten." Die Branche wird das Experiment intensiv beobachten. Wieland-Blöse: „Wir sehen uns als Vorreiter."