Bitkom-Erhebung dokumentiert Paradigmenwechsel – Elster-Direktnutzung überholt kommerzielle Software, junge Kohorten zeigen hohe KI-Akzeptanz für Deklarationsautomatisierung.
Eine repräsentative Erhebung des Digitalverbands Bitkom unter gut 1.000 Befragten ab 16 Jahren zeigt fundamentale Verschiebungen bei Abgabewegen: 65 Prozent übermittelten ihre jüngste Einkommensteuererklärung ausschließlich digital – sieben Prozentpunkte mehr als im Vorjahr. Analoge Einreichungen schrumpften auf ein Fünftel (20 Prozent), während 15 Prozent professionelle Beratung in Anspruch nahmen(Vorjahr: 17 Prozent). Bemerkenswert: Erstmals überflügelte die unmittelbare Finanzamtsplattform Elster (31 Prozent, Vorjahr: 23 Prozent) kostenpflichtige Desktop-Applikationen (27 Prozent, Vorjahr: 26 Prozent), obwohl letztere typischerweise erweiterte Validierungsmechanismen und Optimierungshinweise integrieren. Mobile Anwendungen stagnierten bei 7 Prozent (Vorjahr: 9 Prozent).
Über die Hälfte (51 Prozent) der deklarationserfahrenen Steuerpflichtigen favorisiert Formulare, die Behörden aus existierenden Datenbeständen vorab befüllen und lediglich Validierung durch Steuerpflichtige erfordern. Bei der Alterskohorte 16 bis 29 Jahre erreicht diese Präferenz 62 Prozent. Algorithmenbasierte Komplettbearbeitung findet bei einem Viertel (27 Prozent) generell und über einem Drittel (38 Prozent) der jüngeren Befragten Zuspruch. Das Finanzamt Kassel testet entsprechende Ansätze pilothaft. Bitkom-Hauptgeschäftsführer Dr. Bernhard Rohleder formuliert die Zielrichtung: „Der nächste Schritt ist, digitale Technologien so zu nutzen, dass die Steuerpflichtigen im Idealfall nur noch die bereits vorbereitete Steuererklärung überprüfen und abschicken müssen."
Die Präferenzverlagerung zu elektronischen Übermittlungswegen und wachsende Automatisierungstoleranz indiziert disruptive Veränderungen im steuerlichen Beratungsmarkt. Kanzleien müssen Geschäftsmodelle transformieren: Standarddeklarationen migrieren zunehmend in automatisierte Prozesse, während komplexe Optimierungsberatung, Gestaltungsempfehlungen und strategische Steuerplanung an Bedeutung gewinnen – ein klassisches Beispiel für Wertschöpfungsverlagerung durch Digitalisierung.